Vergaser
Inhaltsverzeichnis
Wirkprinzip
Um zu verstehen, wann bei einem Vergaser eine Anpassung der Düsen erforderlich ist, hilft es, das Gesamtsystem bestehend aus Luftfilter, Drosselklappe (bzw. Gasschieber), Motor und Auspuff als ein einfaches Schema darzustellen.

Ein Verbrennungsmotor ist strömungstechnisch nur eine Pumpe P, die einen Massenstrom ṁ1 (Luft) und ṁ2 (Kraftstoff) ansaugt und zum Auspuff hinausfördert (Abgas ṁgesamt). Was innerhalb des Motors passiert, ist bei der Betrachtung der Massenströme in kg/s unerheblich. Durch die Erwärmung bei der Verbrennung ändern sich die Massen nicht.
Beeinflusst wird der Massenstrom durch verschiedene Drosselungen, die in dem Schema einfach als Drosselklappen dargestellt sind:
D1 ist der Luftfilter,
D2 ist die Kraftstoffdüse,
D3 ist die Drosselklappe, bzw. der Gasschieber,
D4 ist der Auspuff.
Das Funktionsprinzip eines Spritzdüsenvergasers basiert auf Erkenntnissen von Bernoulli: Steigt die Strömungsgeschwindigkeit (= größerer Massenstrom ṁ1), steigt der dynamische Druck pdyn (Druckmessung in Strömungsrichtung) und der statische Druck pstat (Messung rechtwinklig zur Strömungsrichtung) sinkt. Findet keine Strömung statt, ist der statische Druck gleich dem Umgebungsdruck.
In der Schwimmerkammer herrscht Umgebungsdruck. Der Gravitationsdruck kann vernachlässigt werden, wenn die Schwimmerkammer auf der gleichen Höhe angeordnet ist wie die Kraftstoffdüse und keine Kraftstoffpumpe verbaut ist. Wenn der statische Druck pstat kleiner ist als der Umgebungsdruck pSchwimmerkammer, strömt Kraftstoff aus der Schwimmerkammer in das Saugrohr.
Motorbetrieb
Jetzt geht's los: Die Pumpe ist gestartet (der Motor läuft) und wir geben etwas Gas, so dass D3 etwas geöffnet ist. D1 und D4 haben irgendeine Drosselwirkung, die wir nicht verändern. Wir müssen jetzt eine Kraftstoffdüse wählen, bei der bei dem jetzt vorhandenen pstat so viel Kraftstoff ausströmt, dass wir pro 14,4 kg Luft jeweils 1 kg Kraftstoff (= Lambda = 1) haben.
With a twist of the wrist: Wir geben etwas mehr Gas (entdrosseln D3 weiter) und stellen fest, dass bei gleicher Pumpendrehzahl ein größerer Massenstrom ṁ1 angesaugt wird. Dadurch steigt pdyn und pstat sinkt. Wenn pstat sinkt, wird mehr Kraftstoff ṁ2 angesaugt. Ganz automatisch: Höherer ṁ1 bedingt höheren ṁ2. Wir müssen also nicht bei jeder Änderung der Drosselklappe D3 eine andere Kraftstoffdüse einbauen.
Bergabfahrt
Von nun an ging's bergab: Der Fahrwiderstand sinkt, weshalb der Motor P höher dreht. An den Drosselstellen ändern wir nichts, d. h. die Gasgriffstellung bleibt ebenfalls wie sie ist. Bei höherer Pumpendrehzahl und gleichen Drosseleinstellungen steigt ṁ1 wodurch wieder pdyn steigt und pstat sinkt, wodurch wieder mehr Kraftstoff angesaugt wird. Bergauf sinkt die Motordrehzahl und die Drücke ändern sich entgegengesetzt: Weniger Luft, weniger Kraftstoff.
Verschmutzter Luftfilter
Ab in den Dreck: Der Luftfilter setzt sich zu. Die Drossel D1 ist zu, ṁ1 = 0 und die Pumpe saugt weiter. Das einzige, was sie noch saugt, ist Kraftstoff, weil der Gesamtdruck im Saugrohr sinkt und nur noch durch D2 etwas nachströmen kann. Die Balance ṁ1/ṁ2 stimmt nicht mehr, unser Lambdawert ist auf Null gesunken, der Motor abgesoffen. Ausgehend vom Normalzustand bewegt sich Lambda mit zunehmender Drosselung am Luftfilter Richtung fett, wir müssen auch ṁ2 etwas drosseln, also eine kleinere Kraftstoffdüse einbauen, wenn der Luftfilter einen größeren Strömungswiderstand hat und umgekehrt eine größere Kraftstoffdüse bei kleinerem Strömungswiderstand des Luftfilters.
Einfluss des Auspuffschalldämpfers
Loud ist out: Wir machen den Schalldämpfer D4 weiter zu. Damit bremsen wir den Massenstrom ṁgesamt. Die Strömungsgeschwindigkeiten im Auspuff und Saugrohr sinken. Daher sinkt auch pdyn und pstat steigt: Weniger ṁ1 und weniger ṁ2. Machen wir D4 ganz zu, sinken sowohl ṁ1 als auch ṁ2 auf Null. Der Motor geht aus, säuft aber im Gegensatz zum Fall mit dem dichten Luftfilter nicht ab. Durch die Kraftstoffdüsengröße haben wir das Verhältnis ṁ1/ṁ2 so eingestellt, dass sowohl ṁ1 als auch ṁ2 proportional zueinander sinken, weil wir die umgekehrte Proportionalität von pdyn und pstat nutzen. Wir brauchen an der Kraftstoffdüse nichts ändern, wenn wir D4 weiter öffnen oder schließen. Die Drosselung D4 bewirkt das gleiche, wie die Bergauffahrt und die Entdrosselung das gleiche wie die Bergabfahrt. Es wird der Gesamtmassenstrom bei gleichbleibendem Verhältnis ṁ1/ṁ2 geändert. Eine Änderung der Düsen bei Austausch des Schalldämpfers ist nicht erforderlich. Es kann jedoch sein, dass der Motor durch eine zu offene Auspuffanlage im unteren Last- und Drehzahlbereich so schlecht läuft, dass man den Rundlauf durch eine etwas fettere Leerlaufdüse stabilisieren muss, weil durch die offene und eventuell sehr kurze Auspuffanlage bei niedriger Last und Drehzahl auch etwas Frischluft durch den Auspuff in den Motor zurückgesaugt wird, die nicht an der Stelle der Kraftstoffdüse D2 vorbeigekommen ist.
Anpassung an hohe Strömungsgeschwindigkeit
Leider bleibt das Verhältnis ṁ1/ṁ2 (Luftmasse zur Kraftstoffmasse) nicht gleich, wenn sich die Strömungsgeschwindigkeit ändert.
Nach dem Gesetz von Bernoulli gilt:
ρ = Dichte der Luft; pstat = Statischer Luftdruck; v = Strömungsgeschwindigkeit; g = Gravitationskonstante = 9,81 m/s²; h = Höhenunterschied zwischen dem Kraftstoffpegel in der Schwimmerkammer und der Kraftstoffdüse
Die Strömungsgeschwindigkeit geht hier quadratisch ein, d. h. bei Verdoppelung von ṁ1 vervierfacht sich ṁ2! Mit zunehmendem Massenstrom wird das Gemisch immer fetter. Das kann bis zu einem gewissen Grad durchaus erwünscht sein. Der Effekt ist aber so stark, dass man ihn verringert.
Um den Massenstrom ṁ2 in Abhängigkeit von ṁ1 zu bremsen, legt man eine Leitung vom Saugrohr in den Kraftstoffzufluss. Das ist das grüne System. Bei manchen Vergasern kann man diese Bremsluft mit einer Bremsluft- oder Luftkorrekturdüse am Anfang der grünen Leitung verändern. Bei Motorradvergasern gibt es diese Düse meistens nicht. Eine Beeinflussung ist dort nur nur durch das Mischrohr möglich. Das Mischrohr ist die Düse, in der die Bremsluft mit dem Kraftstoff zusammengeführt wird. Die Querbohrungen des Mischrohrs sind die in der Skizze eingezeichnete Düse DBr. Bei vielen Motoren wählt man die Bohrungsdurchmesser bzw. Düsendurchmesser so, dass mit zunehmendem Massenstrom noch ein leichte Anfettung übrig bleibt, weil ein hoher Massenstrom auch eine hohe Belastung für den Motor darstellt. Durch das leichte Anfetten erzielt man eine bessere Innenkühlung des Motors und eine geringe Leistungssteigerung.